Obwohl Sega seine Produkte nie wirklich geschickt zu vermarkten wusste, kamen gerade in den letzten Lebenstagen des Saturn einige Top-Titel heraus, die sich bis heute ohne Frage zu den besten Spielen der 32-bit-Generation zählen können. Und war 1998 doch das Jahr, in dem Final Fantasy VII gerade frisch Europa erobert und das RPG-Genre weltweit neu definiert hatte, will dies sogar was heißen!
Sega wusste genau, sein todgeweihter Saturn lag im Sterbebett und hatte nicht mehr lange. Etwas Besonderes musste her, ein riesiges „BOOM!“, ein krönender Abschluss für eine Spielkonsole, dessen kleines Herz leider nie die nötige Liebe fand, um auch außerhalb Japans zu einem ernsthaften PSX-Konkurrenten avancieren zu können. So keuchte der scheidende Saturn noch einmal laut auf und ließ mit letzter Kraft die Worte „Panzer Dragoon“ verlauten, ehe sein kleines Powerlicht endgültig erlosch.
Der Name „Panzer Dragoon“ war bis dato nur als Titel einer zweiteiligen Rail-Shooter-Serie bekannt, von der später noch eine weitere Episode mit dem Namen „Panzer Dragoon Orta“ für die X-Box erschien. Außerdem gab es für Segas tragbare Konsole, den Game Gear, ebenfalls ein Panzer-Dragoon-Spiel im Stil von Arcade-Shootern wie Space Harrier.
Kenner der Serie wussten, dass die Welt von Panzer Dragoon schon immer eine Welt war, der das Wort „Rollenspiel“ geradezu gebrandmarkt auf der Stirn geschrieben stand. Also ging Team Andromeda den entscheidenden Schritt und entwickelte ein Spin-Off dieser faszinierenden Welt, mit einer ebenso einzigartigen wie komplexen Story, die Panzer Dragoon auch zuvor schon als Serie geprägt hatte.
Mit einer weltweiten Gesamtauflage von nicht mehr als 100.000 Einheiten wird Panzer Dragoon Saga heute als einer der seltensten und begehrtesten Saturn-Titel überhaupt gehandelt. In Spielerkreisen gilt es als das eine Spiel, das jeder kennt, jeder haben will, aber fast niemand gespielt hat.
In den USA, wo etwa nur 30.000 Kopien ausgeliefert wurden, bekommt man kein Exemplar mehr unter 100 Dollar (gebraucht, versteht sich), vorausgesetzt man findet überhaupt jemanden, der gewillt ist, diese Perle eines Rollenspiels freiwillig herzugeben.
In Europa wurden sogar noch weniger Exemplare des Spiels veröffentlicht, also sollte man sich keine allzu großen Hoffnungen machen, überhaupt noch an ein PAL-Exemplar heranzukommen, geschweige denn zu einem humanen Preis.
Leider besteht gegenwärtig auch keine Aussicht auf eine Neuveröffentlichung von Panzer Dragoon Saga für aktuelle Systeme (außer als Remake), da der Original-Quelltext des Spiels laut Yukio Futatsugi (Director) nicht mehr existiert und Sega selbst keinerlei Interesse an einer Neuauflage auf.
Story
Ihr seid Edge, ein gelangweilter Soldat einer Ausgrabungsstätte, die im Auftrag des Imperiums ein Minenprojekt in den Bergen durchführt. Nachdem die Arbeiter eines Tages auf ein mysteriöses, in Stein eingearbeitetes Mädchen stoßen und darüber Bericht erstatten, wird die Gruppe von einer rebellischen Fraktion des Imperiums, angeführt von einem gewissen Lord Craymen, überfallen und getötet. Das Mädchen in Stein nehmen die Banditen ebenfalls mit.
Lediglich Edge, der zwar angeschossen, aber nicht getötet (jedoch für tot gehalten) wird, entkommt dem Angriff, indem er tief in einen Minenschacht fällt und dort umgeben von Wasser und vielen Monstern wieder zu sich kommt. Am Rande der Verzweiflung stehend wird er von einem uralten Drachen gerettet, auf dessen Rücken er schließlich aus den Ruinen flüchtet.
Es entsteht ein Bund zwischen den Beiden, und Edge beschließt, die Kraft des Drachen zu nutzen, um den korrupten Überfall auf ihn, seine Freunde und seinen Mentor zu vergelten. Dabei erfährt er unter anderem, was es mit Craymen, dem mysteriösen Mädchen und dem ominösen „Tower“ auf sich hat. Ein episches Abenteuer voller Kehrtwendungen und Verrat beginnt.
Auf seinem Kreuzzug begegnet Edge einer Vielzahl von interessanten Persönlichkeiten, wie dem etwas ungeschickten Mechaniker, dem korrupten Bürgermeister, dem schattenhaften Imperator sowie dem fragwürdigen, aber dennoch freundlich anmutenden „Seeker“ Gash. Dieser wird schon recht früh im Spiel Euer Gefährte, obwohl Ihr nicht viel über ihn wisst. Erst im Laufe der Story erfahrt Ihr mehr über ihn und seinen komplexen, aber nicht uninteressanten Hintergrund.
Gleichzeitig wird man Zeuge, wie Edge vom gewöhnlichen, naiven Söldner zum epischen Retter reift, mit einem Herzen aus Gold, angetrieben jedoch durch nichts Anderes als dem Durst nach Rache. Es gibt kein Gut und Böse in Panzer Dragoon Saga. Jeder Charakter ist durch und durch menschlich, mit hellen wie dunklen Seiten.
Ihr werdet sogar an den scheinbaren Antagonisten wie Craymen und Azel (jenem „Steinmädchen“) erkennen, dass die Rollenverteilung in Panzer Dragoon Saga kein gewöhnliches „Gut-gegen-Böse“-Spielchen ist. Jeder Charakter verfolgt seine eigenen Absichten, hat seine eigenen Gegenspieler und eigene Motive. So wird sich sogar Azel erst mit Euch duellieren, dann verbünden, dann wieder duellieren usw. – und das in nicht minder epischem Ausmaß.
Und trotzdem werdet Ihr sie lieben, genau wie Ihr Eure Gegenspieler hassen werdet. Panzer Dragoon Saga reißt Euch einfach erbarmungslos in seine Welt hinein – alles wirkt authentisch, lebendig und dynamisch. Ihr seid einfach Edge und Ihr wisst genau, was Ihr wollt, was Euch packt, was an Euren Emotionen zerrt, wer Ihr seid. Es gibt keine nervigen Charakter-Entwicklungen in Form von Flashbacks oder Monolegen, die den ganzen Spielfluss unterbrechen. Ihr erlebt das ganze Geschehen live mit und erfahrt alles direkt aus vorderster Reihe.
Grafik
Kaum zu glauben, was Team Andromeda hier aus dem eher leistungsschwachen Saturn, welcher ursprünglich gar nicht als 3D-fokussierte Konsole konstruiert war, herausgekitzelt hat. Die Grafik von Panzer Dragoon Saga ist schlicht umwerfend und macht das Spiel ungelogen zu einem der optisch anspruchsvollsten Titel auf dem Sega Saturn – heutige grafische Standards mal vollkommen außer Acht gelassen.
Kleiner technischer Wermutstropfen sind die mitunter leider sehr polygonarm konstruierten Menschenmodelle, deren Bewegungen scheinbar nicht einmal auf Motion-Capturing basieren. Es gibt stellenweise sogar Zweifel, ob das pixelige „Etwas“, mit dem man sich gerade unterhält, überhaupt menschlichen Wesens ist.
Zweites Manko sind die zum Teil verwaschenen und schmutzigen Texturen, die manchmal nicht wirklich zur Schönheit der Umgebung beitragen. Dennoch überzeugt Panzer Dragoon Saga überwiegend durch traumhaft schöne und einzigartige Grafik, die lediglich im Detail hier und da Anlass zur Kritik gewährt.
In Sachen Farbvielfalt weiß Panzer Dragoon Saga vor allem durch seine kunterbunten Kampfmodelle zu überzeugen. Diese strotzen förmlich vor Leben und Detailreichtum – absolut kein Vergleich zu den polygonarmen Klotzmännchen aus dem Walking-Modus. Und hat man erst einmal die originelle Morphing-Funktion freigespielt, sieht man wirklich, was allein das eigene Drachenmodell an grafischer Vielfalt zu bieten hat, vorausgesetzt man findet überhaupt jemals ein Limit an all den verschiedenen Formen, die Euer geflügeltes Haustier annehmen kann. Toll, was der Saturn hier an Morphing-Effekten bietet.
Wenn Ihr nicht gerade am Kämpfen oder Durchqueren von Städten, Dungeons, Wüsten oder Wäldern seid, wird die Story in Form von In-Game- oder Videosequenzen fortgeführt. Letztere dürften der Grund sein, warum dieses epische Meisterwerk ganze vier CDs umfasst. Die Videos sind allesamt mehr als beeindruckend, vor allem wenn man bedenkt, auf welcher Konsole wir hier spielen und in welchem Jahr wir uns befinden.
Zwar reichten die Videos ihrerzeit nicht an die Konkurrenz von Squaresoft (Final Fantasy VII) heran, jedoch sind sie qualitativ durchaus auf demselben Level anzusiedeln – gar keine Frage! Besonders die flüssigen Drachenanimationen und atmosphärischen Lichteffekte erwecken immer wieder das Gefühl, in einer einzigen Fanatasiewelt versunken zu sein, die doch sehr real anmutet.
Wasser schimmert, Fische schwimmen, Wasserfälle spritzen, Vögel fliegen in die Ferne hinaus. Ödland, Wüsten, Wälder, Gewässer, Berge – alles zeugt von größter Detailverliebtheit. Man besichtigt riesige, unterirdische Katakomben; sieht gewaltige Explosionen; erkundet große, lebhafte Städte bei Tag und Nacht; kämpft gegen gigantische Luftschiffe und erkundet die tiefsten Dungeons. Team Andromeda ist es gelungen, ein post-apokalyptisches Ambiente zu schaffen, das trotz aller Düsterheit in nur einem einzigen Wort zusammenzufassen ist: Atemberaubend!
Kein Areal gleicht dem anderen, jede noch so exotische Location von Panzer Dragoon Saga nimmt einen Platz im Gedächtnis ein. Alles, was man sieht, ist Schönheit pur, ausnahmslos! Da stören selbst die zuweilen auftretenden Slowdowns kein bisschen.
Gameplay
Panzer Dragoon Saga lässt sich spielerisch in drei Teile gliedern: Laufen, Fliegen, Kämpfen. Auch wenn die Steuerung grundsätzlich keine Streitfrage in RPGs ist, kommt sie in Panzer Dragoon Saga doch sehr brillant rüber, sowohl in Hinsicht auf Gameplay wie auch auf Technik. Sogar der spezielle Saturn-Analog-Controller wird unterstützt, was noch flüssigere Bewegungen erlaubt.
Ihr steuert Eure Figur stets durch eine 3D-Welt, und zwar überwiegend aus der Rückenansicht. Je nachdem, ob Ihr gerade kämpft, lauft oder fliegt, haben Steuerkreuz und Tasten andere Funktionen. Kameraprobleme gibt es so gut wie nie.
Zu Fuß habt Ihr die Möglichkeit, Städte zu erkunden, versteckte Items zu finden, Hinweise zu sammeln, Euch mit Leuten zu unterhalten sowie natürlich ein paar „Dyne“ (Geld) für neue Items und Waffen auszugeben. Zusätzliches Equipment wie etwa Helme, Rüstungen oder Accessoires gibt es in Panzer Dragoon Saga nicht, Ihr habt nur Euren Drachen und Eure Pistole, ganz simpel.
Außerhalb von Kämpfen könnt Ihr Euch in alle Richtungen bewegen, so weit wie es die Begrenzungen erlauben. Mithilfe eines Cursors können Dinge, Personen und Schalter in der Umgebung anvisiert und untersucht werden. Interessant ist hierbei, dass manche Objekte erst ab einem gewissen „Laser-Rank“ aktiviert werden können. Dieser Rank steigt mit der Entwicklung des Drachen und bestimmt nicht nur dessen Aussehen, sondern auch seine Angriffsstärke, z. B. wie viele Homing-Laser er auf einmal abfeuern kann. Stellenweise sind auf diese Weise auch kleine Puzzles zu lösen.
Zwischenkämpfe finden nur im Flug-Modus statt, also während Ihr Euch auf dem Rücken Eures Drachen befindet. Ein Radar in der Bildschirmecke zeigt dabei, in welcher Gefahrenzone Ihr Euch bewegt. Ist der Hintergrund des Radars beispielsweise gelb oder gar rot gefärbt, ist mit intensiven Feindbegegnungen zu rechnen.
Des Weiteren zeigt der Radar neben Flughöhe und Geschwindigkeit auch einige Objekte in der Umgebung an, wie etwa Speicherpunkte, Kisten oder Schalter, die Ihr somit leichter lokalisieren könnt. Insgesamt ein überaus hilfreiches Navigationsmittel, dem Ihr bei Euren Erkundungsflügen stets den Großteil Eurer Aufmerksamkeit widmen werdet.
Kampfsystem
Hier kommen wir zu dem, was Panzer Dragoon Saga bis zum heutigen Tage vom gesamten Rest des RPG-Genres unterscheidet: sein einzigartiges Kampfsystem! Wie zuvor schon gesagt, kommt es im Flug-Modus immer mal wieder vor, dass Ihr in eine Gefahrenzone eindringt, in der zufällig Monster auftauchen können. Diese seht Ihr nicht direkt, sondern es kommt ähnlich wie in den meisten anderen Rollenspielen zu einem Zufallskampf, der in einem eigenen Modus stattfindet. Diese Kämpfe tauchen in angemessenen Mengen auf, sprich nicht zu oft und auch nicht zu selten. Trotzdem ist diese Form der Monsterbegegnung heutzutage eher antiquiert und bei den meisten Spielern mit der Zeit unbeliebt geworden.
Dringt man in ein neues Gebiet vor, lernt man in der Regel sofort die einheimischen Widersacher kennen. Das können Rieseninsekten, Sandwürmer, feindliche Luftschiffe, Vogelschwärme, Pflanzen, ja alles Mögliche sein. Habt Ihr gerade einen NPC-Begleiter dabei, wird dieser manchmal ein paar Kampftipps geben, z. B. wie dieses und jenes Monster am schnellsten zu besiegen ist oder worauf man besonders Acht geben sollte.
Im Großen und Ganzen ist das Kampfsystem ein gelungener Mix aus Echtzeit- und rundenbasiertem Kampfsystem. Ihr könnt entscheiden, ob Ihr links oder rechts neben Eurem Gegner, direkt vor ihm oder an seinem Heck fliegen wollt. Das heißt, das Kampffeld ist in vier Sektoren unterteilt, zwischen denen Ihr beliebig hin- und herwechseln könnt. Anhand des Radars am unteren Bildschirmrand seht Ihr genau, wo Euer Drache gerade positioniert ist.
Dennoch hat jeder Sektor seine Vor- und Nachteile und wird je nach Gefahrensituation in einer anderen Farbe dargestellt: Grüne Flächen sind in der Regel sicher, schützen aber deshalb nicht unbedingt vor feindlichen Attacken. Außerdem kann man von hier meist nicht sehr viel Schaden austeilen. In den farblosen (transparenten) Abschnitten des Radars ist das Verhältnis zwischen Abwehr und Verteidigung auf beiden Seiten (Spieler/Feind) in etwa ausgeglichen, d. h. hier wird man vermehrt angegriffen, kann aber auch gut austeilen. Rote Flächen hingegen bedeuten immer die höchste Gefahr für den Spieler, allerdings oftmals auch für den Feind, da man so in aller Regel seine Schwachpunkte anvisieren kann.
Will man also besonders hohen Schaden erzielen, ist es meist sinnvoll, sich erst in einem sicheren Bereich „aufzuladen“, dann schnell zur roten Zone überzuschwenken und schließlich einen fatalen Angriff auf den „Weak Point“ zu starten. In einigen Bosskämpfen ist dies sowieso unentbehrlich, zumal es auch Gegner gibt, die überhaupt keine sicheren Zonen besitzen. Manchmal kann es sogar passieren, dass ein komplett grünes Kampffeld auf einmal komplett rot wird, oder die Zonen drehen sich plötzlich um 180 Grad. Flexibilität, Taktik und geschickte Schadensbegrenzung sind sehr wichtige Elemente im Kampfsystem von Panzer Dragoon Saga.
Um zu den Energiebalken zurückzukommen: Befindet Ihr Euch also gerade im „Stillstand“, laden sich unter Eurer Zustandsanzeige nacheinander bis zu drei Balken auf. Sobald mindestens ein Balken gefüllt ist, könnt Ihr wahlweise Eure Pistole benutzen, mehrere Homing-Laser abfeuern, ein Item benutzen oder (später im Spiel) Euren Drachen morphen.
Das Morph-System ist eine geniale Innovation im RPG-Genre. Man kann inmitten eines Kampfes festlegen, welchen Schwerpunkt der Drache in Bezug auf Angriff, Verteidigung, Agilität und Geist haben soll. Dabei sieht man seinen Drachen in einem kreisförmigen Fenster, das in vier Bereiche aufgeteilt ist. Schiebt man den Regler von der Mitte des Fensters (wo alle Werte ausgeglichen sind) in einen der Sektoren hinein, verändern sich die Statuswerte des Drachen entsprechend.
So kann beispielsweise die Angriffsstärke verdoppelt werden, während ein korrespondierendes Attribut (in diesem Fall die Abwehr) komplett auf 0 abfällt. Natürlich sind auch alle erdenklichen „Mitteltöne“ möglich. So lässt sich haargenau bestimmten, auf welchem Gebiet der Drache am stärksten sein soll und welche Eigenschaft im Moment am unwichtigsten ist.
Das coolste am Morphing ist aber, dass – ganz egal, wohin man den Schwerpunkt setzt – sich das das Aussehen des Drachen entsprechend verändert: vom extrem defensiven Panzerdrachen bis zum spargelschlanken Zauberdrachen sind alle erdenklichen Kombinationen möglich, und dieses Shapeshifting geschieht komplett in Echtzeit!
Ist eine dieser 1-Balken-Aktionen getätigt worden, sinkt Eure Energieleiste um diesen verlorenen Balken, der dann aber wieder neu aufgeladen wird. Mit zwei vollen Balken können die sogenannten Berserker-Techniken ausgeführt werden – das sind Spezialattacken, die Euer Drache im Laufe des Spiels automatisch durch Level-Ups erlernt. Dadurch können Flächenangriffe gestartet, Schutzbarrieren aktiviert, Wunden geheilt und viele andere nützliche Aktionen durchgeführt werden.
Bei drei vollen Balken werden Eure Hitpoints schrittmäßig regeneriert, was den Schwierigkeitsgrad des Spiels leider drastisch senkt, aber immerhin gibt es auch viele Gegner und Bosse, die gar keine Verschnaufpausen dieser Art zulassen. Wenn Ihr keine Heilung benötigt, könnt Ihr die drei Balken auch für eine besonders mächtige Spezialtechnik nutzen. Beachtet jedoch, dass jede Spezialaktion auch „Berserk Points“ (BP) in Anspruch nimmt, welche separat aufgefüllt werden müssen.
Je nachdem, wie schnell und taktisch ausgetüftelt Ihr einen Gegner besiegt habt, erhaltet Ihr am Ende jedes Kampfes eine Bewertung, die dann über gewonnene Erfahrungspunkte, Items und Geld entscheidet. Eine Monster-Datenbank im Menü hält sogar fest, welchen Gegner Ihr mit welchem Ranking besiegt habt – das gleiche gilt für Bosse.
Insgesamt sind die Zufallskämpfe in Panzer Dragoon Saga allesamt sehr einfach bis kaum bedrohlich, allerdings sieht es da bei den Bossen schon ganz anders aus. Gerade diese verlangen oftmals sehr viel mehr als nur superstarke Attacken von Euch ab. Köpfchen ist gefragt! Wann gibt der Feind seine Deckung auf? Wie gelange ich an seinen Schwachpunkt? Welchem Muster folgen seine Angriffe? Nehme ich Laser, Berserk oder Waffe? Wie soll ich den Drachen morphen? Alles Fragen, die erst geklärt werden müssen, bevor man behaupten kann, einen Feind durchschaut zu haben. Andernfalls hat man nur selten eine Chance, sicher zu überleben, und gerade das ist das spaßige und motivierende am ganzen Kampfsystem.
Sound
Klar, kein Rollenspiel ist perfekt ohne anständige Soundkulisse. Erwähnte ich schon, dass Panzer Dragoon Saga perfekt ist? Man kann den Soundtrack mit vielerlei Worten beschreiben: brillant, cineastisch, verträumt, launisch, frisch, majestätisch, aber vor allem eines: EPISCH!
Diese Stammestrommeln untermalt von engelsgleichem Chor und dezenten Technobeats sind einfach unverwechselbar Panzer Dragoon! Sie lassen das Spiel aufblühen und man schmilzt ab der ersten Sekunde des kurzen Teaser-Intros ins Abenteuer hinein. Mir fällt gar kein passender Vergleich zur markanten Musik von Panzer Dragoon ein.
Was dieses Spiel außerdem von den meisten 32-bit-Rollenspielen unterscheidet, ist die durchgehend fesselnde Sprachausgabe, die zu keinem Zeitpunkt Zweifel an der emotionalen Glaubwürdigkeit der Charaktere aufkommen lässt. Zwar versteht man kein Wort des Gesprochenen, da zum größten Teil Japanisch (mitunter sprechen die Charaktere eine fiktive Sprache), jedoch haben die Sprecher eine derartige Hingabe an den Tag gelegt, dass man selbst ohne die eingeblendeten Untertitel erahnen könnte, in welcher Gefühlslage die Personen sich gerade befinden.
Man weiß auf Anhieb Trauer, Aufregung, Zorn und Gelassenheit intuitiv zu deuten. Und hört man erst einmal Azel sprechen, gerät alles um einen herum nur noch in ein einziges Meer von Vergessenheit – ihre Stimme lässt einem die Haut kribbeln.
Selbst die Flügelschläge Eures Drachen klingen dermaßen authentisch, dass es fast schon wehtut, ihn schreien zu hören, wenn er getroffen wird oder abstürzt. Insgesamt ist der Soundtrack von Panzer Dragoon Saga einfach nur bombastisch und fesselnd. Hier hat Team Andromeda wahrlich an die Klasse der Vorgängerspiele angeknüpft.
Fazit
Panzer Dragoon Saga ist ein einziges episches Meisterwerk und wird zu Unrecht als Segas Antwort auf Final Fantasy VII gehandelt. Denn es ist viel mehr als das! Es ist eine vollkommen einzigartige Erfahrung, die man in seinem Leben nicht vergessen wird.
Trotz aller Düsterheit, dem post-apokalyptischen Ambiente und jedem Schrecken, den dieses Spiel ausstrahlt, offenbart es sich doch als einzige Schönheit, wenn auch in sehr ungewöhnlichen Formen. Panzer Dragoon ist eine ganz eigene mythische Fantasiewelt, dargestellt auf eine Weise, die so involvierend, künstlerisch und fesselnd in keinem anderen Spiel zuvor zu finden war.
Der Spieler wird in eine Welt hineingezogen, die technisch und erzählerisch kaum brillanter sein könnte. Kaum legt man den Controller aus der Hand, hält man sofort inne und denkt über all die tollen und einzigartigen Dinge nach, die das eigene kleine Universum von Panzer Dragoon so faszinierend machen – und dann wird einem bewusst, dass es doch nur ein Märchen ist.
Zu Schade, dass dieses Spiel trotz seiner Genialität nie erfolgreich genug war, um die Lebenszeit des wenig geliebten Saturn zumindest um ein paar Jahre zu verlängern. Panzer Dragoon Saga ist ohne Frage einer der besten RPG-Titel aller Zeiten und stellt ganz eindeutig das große Potenzial Team Andromedas unter Beweis.
Selbst die für ein vier CDs umfassendes Rollenspiel-Epos doch sehr geringe Spielzeit von etwa 15 Stunden reicht aus, um den Spieler mindestens für eine kleine Ewigkeit in den unvergesslichen Bann von künstlerischer, musikalischer und erzählerischer Perfektion zu ziehen.
Wer einen Sega Saturn zu seinem Besitz zählen darf und etwa 100 EUR übrig hat, sollte unbedingt nach dieser beinahe schon vergessenen Perle Ausschau halten, oder zumindest nach der weit verbreiteten Demo-Disc. Das Spiel ist definitiv jeden Cent wert – und wer weiß, vielleicht kommt ja eines Tages doch das lang ersehnte Remake.