„May the light shine upon thee!“
Mitte der Achtzigerjahre sah die Rollenspielwelt Japans noch ganz anders aus, nämlich ziemlich westlich. Vereinzelt gab es Pen & Paper Rollenspiele, und auch erste digitale Vertreter wie Ultima oder Wizardry kamen an den japanischen Mann bzw. die japanische Frau, fristeten allerdings ein Dasein als Nischengenre.
1986 sollte sich das alles ändern, als Spieldesigner Yuji Horii und der erfolgreiche Mangaka Akira Toriyama (Dragon Ball) mit Dragon Quest das erste japanische Konsolenrollenspiel schufen, und einen nicht erahnten Boom auslösten, der den Rest der Welt erobert hat und bis heute anhält.
Story
Der fiese Obermotz, in der Form des Dragonlords, hat den heiligen Light Orb sowie die hübsche Prinzessin Lady Lora entwendet, und eine riesige Monsterschar auf das Land Alefgard losgelassen. Nur der Nachfahre des legendären Roto – dem Mann, der einst den Light Orb nach Alefgard brachte – soll tapfer genug sein, es mit den Monstern und dem Dragonlord auf sich zu nehmen, und erreicht das Schloss Tantegel, wo ihn König Lorik bereits erwartet.
Klingt wie ein spannender Anfang einer großartigen Fantasygeschichte? Nun, tut es tatsächlich, nur hört sie auch schon mit dieser knappen Einleitung wieder auf. Der Rest der Storyline ergibt sich durch das für damalige Verhältnisse unglaublich umfangreiche Erforschen der Oberwelt.
Gameplay
Das Spielprinzip von Ultima wurde dabei auf das Notwendigste reduziert: Als Spieler schlüpft man in die Rolle des Titelhelden, sammelt Informationen über eine seiner beiden Quests und drischt genüsslich auf Monster ein, in der Hoffnung den einen oder anderen Schatz zu finden.
Der Held findet sich also nach einem kurzen Zwischenspiel im Schloss Tantegel in der Welt Alefgard wieder, wo er herumstreunt und zahlreiche Zufallskämpfe austragen kann. Bei diesen Zufallskämpfen, die in der ersten Person stattfinden, hat der Spieler die Möglichkeit zu kämpfen, einen Zauberspruch zu sprechen, einen aufgesammelten Gegenstand zu benutzen oder mit viel Glück sogar abzuhauen.
Für besiegte Monster gibt’s Geld und Erfahrung, und mit Geld und Erfahrung kommt neue Ausrüstung und Stärke. Wenn man sich nicht verläuft, kommen damit wieder stärkere Monster, mit denen man weiter trainieren kann, bis man sich fit genug für den Obermotz fühlt (oder man Level 30 erreicht hat).
Oft entdeckt der Held auf seinen Reisen verschiedene Orte: Städte und Dörfer, wo er sich ausrasten und mit neuen Gegenständen und Informationen ausrüsten kann, aber auch verlassene Ruinen oder gefährliche Höhlen, in denen es einige Schätze zu finden gibt.
Man sieht, das Spielprinzip entspricht dem kleinsten gemeinsamen Vielfachen aller Konsolenrollenspiele, und stellt somit den Anfang des sehr erfolgreichen Genres dar.
Technik
Zuviel verraten? Sorry … Auf der technischen Seite präsentierte sich das Spiel mit einem für 1986 guten Standard, was allerdings mehr oder weniger nur bedeutet, dass es keine schwarzen Hintergründe gab, sondern eher alles etwas bunt war.
Am ehesten kann man die Urversion noch mit Ultima vergleichen: So hatte sage und schreibe jeder Charakter eine Bewegungsanimation spendiert bekommen, die über zwei Bilder ging. Allerdings nur für eine Himmelsrichtung. Auf der Oberwelt konnte man ganz genau Gras von Bergen unterscheiden, und die Monsterartworks wurden sogar 1:1 umgesetzt. Wenn man sich das Ganze mit schwarzen Aufklapp-Menüs vorstellt, hat man eine ungefähre Ahnung, was sich damals auf den Fernsehern der japanischen Kids abgespielt hat.
Apropos Menüs, auch die Bedienung war damals noch weit entfernt von dem, was man als Rollenspieler heute gewöhnt ist. Ein Klick auf den A-Button öffnete ein Menü, mit dem man sämtliche möglichen Befehle extra anwählen konnte. So gab es eigene Kommandos, um mit Personen zu sprechen, um sich auszurüsten oder sein Inventar anzuzeigen, aber auch um Schatzkisten zu öffnen oder Treppen zu steigen bzw. Türen zu öffnen.
US Fassung
Besser war schon die amerikanische Fassung, die ganze drei Jahre später erschien und der eine noch nie dagewesene Aufmerksamkeit bei der Lokalisierung zuteil wurde. Das gesamte Spiel wurde überarbeitet und auf den aktuellen Stand der Technik (sprich: Dragon Quest III) gebracht.
Der Held konnte nun in die vier Himmelsrichtungen sehen und die Oberweltgrafik wurde auch um einiges verbessert. Auch wurde das Passwortsystem aus dem Original durch einen batteriegestützten Speicher ausgetauscht. Lediglich die Menüführung war gewohnt umständlich.
In weiterer Folge wurde das Spiel auf die in den 80er Jahren populären Fantasy-Rollenspiele gedrillt: Die Dialoge waren in altbritisch gehalten, sämtliche Artworks von Toriyama wurden durch klassische Fantasy-Artworks ausgetauscht.
Das Spiel erschien 1989 aus Markenrechtsgründen als „Dragon Warrior“ und wurde unter anderem als Abonnementgeschenk des „Nintendo-Power“-Magazins vermarktet, was eine für damalige Verhältnisse unglaubliche Umsatzzahl von 500.000 Exemplaren zur Folge hatte. Diese Stückzahl erreichte die Serie erst wieder 2005 mit Dragon Quest VIII.