„Stand tall and shake the heavens!“

A billion mirror fragments … small … light … taken … Angels … singing voices … zeno … gias: Was Cloud in Final Fantasy VII im Mako-Delirium von sich gab, sollte erst 1998 einen Sinn ergeben. Ein Jahr nach FF7 brachten Square mit Xenogears ihr zweites großes RPG für die PlayStation heraus.

Wie schon im indirekten Vorgänger, setzten sie dabei mehr als in früheren RPGs auf eine ausgefeilte, filmartig inszenierte Story mit heftigen spirituellen Zwischentönen. Angeblich stand die US-Umsetzung des Spiels zeitweise auf der Kippe, weil Square Konflikte mit religiösen Gruppierungen fürchtete (organisierte Religion kommt in Xenogears, vorsichtig ausgedrückt, nicht besonders vorteilhaft weg).

Technisch war das Spiel weniger aufwändig als sein indirekter Vorgänger. Die Grafik mit Sprites vor schwenkbaren Polygonhintergründen wird nur ab und an durch stümperhaft gedubbte Zwischensequenzen aufgelockert. Die Anime-Charaktere sind hübsch anzusehen, verpixeln aber stark, wenn die Kamera näher heranzoomt. Zudem sind die Städte zwar schön detailliert und fantasievoll designt; dafür sind die Dungeons ausnahmslos eintönig geraten.

Der OST von Yasunori Mitsuda hingegen ist mit der schönste der Videospielgeschichte und voller atmosphärischer und emotionaler Stücke. Titel wie „Faraway Promise“ oder „Flight“ sind selbst ohne Kenntnis des Spiels einfach unvergesslich und machen den Soundtrack zum Pflichtkauf.


Story

Das Bemerkenswerteste an Xenogears ist ohne Zweifel die Story, die vielleicht die beste, auf jeden Fall aber die komplexeste und ambitionierteste ist, die je in Form eines RPGs erzählt wurde.

Der deutlich von Neon Genesis Evangelion inspirierte Plot beginnt ziemlich konventionell (ein niedergebranntes Heimatdorf und ein Protagonist mit Gedächtnisstörungen), entwickelt sich aber schnell zu einer wahrhaft epischen Geschichte voller Intrigen und Wendungen, in der man leicht den Überblick verliert.

In den ersten 30 bis 40 Spielstunden wird der Spieler mit immer neuen, zunächst unverständlichen Andeutungen und Rückblenden bombardiert, und erst ganz am Ende führen alle Fäden zusammen.

Die Story lässt sich unmöglich in einem Absatz zusammenfassen; unter anderem geht es um gewaltige Kampfroboter, Genexperimente, Persönlichkeitsspaltung, eine 10.000 Jahre währende Liebe, den Ursprung der Menschheit und die wahre Natur Gottes.


Gameplay & Fazit

Spielerisch ist Xenogears durchwachsen. Die Kämpfe laufen im Pseudo-Beat-‚em-Up-Stil ab. Pro Runde bekommt jeder Charakter eine bestimmte Zahl Aktionspunkte, für die er Schläge „kaufen“ kann. Wahlweise kann man mehrfach weniger hart oder zweimal ganz feste draufschlagen, was aber ziemlich unerheblich ist, da beides den gleichen Schaden anrichtet.

Meistens aber wird man Deathblows – besonders starke Schlagkombinationen – austeilen, die sich bei ausreichend Aktionspunkten zu Kombis verbinden lassen. In den allermeisten Zufallskämpfen reicht es völlig aus, die jeweils stärksten verfügbaren Deathblows abzuspulen, was auf Dauer reichlich eintönig wird.

Das zunächst erfrischend originelle System verliert dann schnell seinen Reiz. Die zweite Art von Kämpfen wird mit den Gears, riesigen Mecha-Robotern, ausgetragen. Die Kämpfe laufen ähnlich ab, nur muss man hier zusätzlich auf die Benzinanzeige achten. Wenn kein Sprit mehr im Tank ist, ist das betroffene Gear ziemlich hilflos.

Etwas Abwechslung (und jede Menge Frust) bringen die völlig missratenen Jump-’n‘-Run-Einlagen. Xenogears ist auch nichts für ungeduldige Spieler. So genial die Story auch ist, teilweise nerven die ultralangen In-Game-Cutscenes, in denen der Plot in zähflüssigen Dialogen vorangetrieben wird. Da machen FF7 und FF8 mit ihren spielbaren Rückblenden vor, wie man Story-Background interessanter vermittelt.

Vor allem ab der zweiten Disc degeneriert das Spiel vom interaktiven Film zum animierten Bilderbuch mit gelegentlich eingestreuten Bossfights. Bei einem Spiel mit derart umfangreichem Script ist es zudem unverzeihlich, dass der Text nur gaanz laangsam über den Bildschirm tickert.

Wer sich darauf einlässt, wird aber reich belohnt: Story und Atmosphäre sind einzigartig, und der Soundtrack allein ist den Kauf fast schon wert. Die Gesamtspielzeit beläuft sich im Schnitt auf etwa 60 Stunden für den Main-Plot.

Xenogears muss man erlebt haben, und wer im Besitz eines US-Accounts für das PlayStation Network ist, der kann das Spiel heute für rund 10 Dollar auf seine PS3 oder PSP downloaden.